Der „Instagram Effekt“ und sein Einfluss auf die Natur – Lösungsvorschläge

Touristiker lieben Instragram! Und Touristiker lieben die Macht der Influencer, wann immer es darum geht einen Ort in den sozialen Netzwerken zu bewerben.

Aber Touristiker hassen auch Instagram. Und zwar für den sogenannten „Instagram Effekt“, der immer dann in Erscheinung tritt, wenn ein Ort von Reisenden mehr oder weniger überflutet wird, um dort das „perfekte“ Instagram Foto zu schießen.

Was sich zuerst einmal wie ein Luxusproblem anhört, kann zu echten Problemen für die Natur aber auch für die Infrastruktur führen.

Drei Beispiele:

Lavendel Bauern in Frankreich kämpfen inzwischen jedes Jahr mit Scharen von Touristen, die während der Lavendelblüte ihre Motive schießen möchten. Diese zertrampeln nicht nur die Felder sondern reißen den Lavendel auch aus um daraus Blumenkronen und Sträuße zu machen.

Der Hashtag „Lavenderfields“ listet aktuell (Sept. 2021) über 350.000 Fotos. Im März 2021 waren es noch 270.000.

Instagram Effekt Hashtag Lavenderfields

Steintürmchen“ findet man an vielen Stränden rund um den Globus. Zu einem echten Fototrend sind sie aber erst in den letzten Jahren geworden. Was viele nicht wissen: Durch das Aufheben und stapeln der Steine findet ein nicht unerheblicher Eingriff in die maritimen Lebensräume statt. Die Rückzugsorte und Verstecke vieler Tiere werden so zerstört. Entsprechend gibt es schon Initiativen, welche die Türme wieder abbauen und frühzeitig versuchen ganze Felder von Steintürmen zu unterbinden. Denn wo ein Steintürmchen steht, gesellt sich schnell ein zweites und drittes hinzu.

Im Süden Kaliforniens bricht nach dem Winter mit der richtigen Kombination aus Regen und Sonne ein beeindruckendes Naturschauspiel los. „Superbloom“ beschreibt die Blütezeit vieler tausender Wildblumen im Frühjahr. Und ist damit zum Synonym geworden für viele hunderte Besucher, welche die Blumen nicht nur fotografieren, sondern auch zwischen diesen rumrennen und sich niederlassen. Damit zerstören sie viele der unter Naturschutz stehenden Pflanzen und Gebiete.

Die Liste ließe sich noch um viele Beispiele erweitern: Überlaufene Alpenorte, verschmutzte Wasserfälle, lebensgefährliche Klippensprünge, …

Kein neues Phänomen

Natürlich gab es diese Probleme auch schon in der Zeit vor Instagram. Massentourismus hat in den letzten hundert Jahren viele Orte verändert und auch zerstört. Mit dem Aufkommen von Instagram und Influencern hat sich diese Entwicklung aber exponentiell beschleunigt und verstärkt.

Der Tourist zerstört, was er sucht, indem er es findet.

Hans Magnus Enzensberger

Wie kann man gegen den Instagram Effekt angehen?

Tatsächlich gibt es eine Reihe von Wegen, wie man diesem Instagram Effekt begegnen kann. Wenngleich einige dieser Methoden das Touristikerherz bluten lassen.

Betretungsverbote und Sperrzonen

Sicherlich die härteste Maßnahme, die eine Destination ergreifen kann, ist einen solchen Fotospot für die Allgemeinheit zu schließen. Sei es mit Absperrungen oder Zäunen.

Dabei muss der Destination aber auch klar sein, dass ein Zaun alleine im Zweifel nur ein (überwindbares) Hindernis ist und Besucher trotzdem versuchen werden den Ort zu erreichen.

Ein Beispiel für ein erweitertes Betretungsverbot liefert die Nationalparkverwaltung Berchtesgaden. Dort wurden in der Vergangenheit Bade-Bilder aus natürlichen Pools (den „Gumpen“) oberhalb des Königssees veröffentlicht. Der Zugang zu diesem Spot ist nun für 5 Jahre nicht mehr erlaubt. Die Nationalparkranger überwachen das Verbot und können bis zu 25.000 Euro Ordnungsgeld verhängen.

Beschränkter Zuritt

Eine Stufe unter der Absperrung kommt sicherlich die Limitierung des Besuchs. Dabei sind verschiedene Variationen denkbar:

– Der Zutritt wird nur gegen Zahlung eines Eintritts gewährt.
– Der Zutritt wird nur X Personen pro Tag gestattet
– Der Zutritt wird nur mit einem Guide gestattet
– Der Zutritt ist an eine Übernachtung gekoppelt

Wie beim vorherigen Ansatz muss der entsprechende Ort aber auch hierzu mindestens eingezäunt werden.

Attraktivität verringern

Während früher Parkplätze immer möglichst Nahe an einer Sehenswürdigkeit (oder einem Aussichtspunkt) angelegt wurden, ist heute auch das Gegenteil denkbar. Parkplätze und Zufahrten werden zurückgebaut und der Weg zu einem besonderen Ort wird erschwert. Alternativ können Parkplätze auch kostenpflichtig ausgewiesen werden (wenn dann kein Wildparken zu erwarten ist).

So schreckt man zumindest jene Touristen ab, die wirklich nur für dieses eine Foto kommen, aber ungern den beschwerlichen Weg auf sich nehmen wollen oder nicht bereit sind eine Parkgebühr zu zahlen.

Aufklärung

„Hinterlasse keine Spur“ – „Leave no trace„. Unter diesem Namen haben sich weltweit Initiativen gegründet, die durch Aufklärung der Besucher die Natur und besondere Orte schützen wollen. Das geschieht mit Hinweisen an den Orten (und auf den Wegen dorthin) selbst aber auch mit entsprechenden Informationen auf Webseiten.

Hier setzt auch die beliebe Outdoor App Komoot an. Diese weist inzwischen Naturschutzgebiete in der App explizit aus und gibt bei Routen durch diese Gebiete Hinweise zu Verboten und Verhaltensweisen.

Shaming

Wenn das mit der Aufklärung und Selbstverantwortung nicht klappt, dann bleibt noch der unbequeme Weg des „Shamings“, also Bloßstellens.

Dazu werden die gleichen Wege und Tools genutzt, mit denen auch die Verursacher arbeiten. Fotos von Müll und Dreck werden also unter denselben Hashtags und Orten auf Instagram und anderen Netzwerken geteilt, wie sie auch die Besucher nutzen.

Das macht den Ort einerseits auf den Plattformen etwas unattraktiver (siehe oben) und erfüllt gleichzeitig auch den Punkt der Aufklärung.

Kombination der Maßnahmen

Es gibt übrigens einen guten Grund, warum es keine Influencer Bilder aus Stonehenge gibt. Oder besser gesagt eine Kombination von Gründen. „English Heritage“ hat das kostenpflichtige Stonehenge Besucherzentrum über 2 Kilometer von Stonehenge entfernt errichtet. Zum Steinkreis selbst fährt für zahlende Besucher ein Shuttlebus. Stonehenge selbst kann tagsüber nicht betreten werden. Ein Zaun führt um das komplette Gelände. Nachdem das Besucherzentrum geschlossen hat (also quasi in den für Fotos untauglichen Abendstunden) werden Gruppen mit maximal 25 Personen je Stunde mit Guides und Security aufs Gelände gelassen. Das Berühren der Steine ist bei diesen Touren verboten.

Damit ist Stonehenge für alle „Schnell ein tolles Foto“ Touristen maximal unattraktiv.

Fazit

Es gibt Wege dem Instagram Effekt zu begegnen. Auch, wenn sie vielen Touristikern im Herz schmerzen und dem Anliegen möglichst vielen Menschen einen Ort zu zeigen widersprechen. Doch ohne entsprechende Intervention bleibt von genau diesen Orten nicht mehr viel übrig, nachdem die Horden von Instagrammern eingefallen sind.

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